Montag, 20. Juli 2009

Endlosschleife – Rallye-Legende Walter Röhrl fährt zum 100. Geburtstag von Audi beim Festival of Speed




redigierte Versionen veröffentlicht am 16. Juli 2009 auf WELTonline, am 11. Juli Printausgaben Die Welt, Berliner Morgenpost

Nicht weit vom südenglischen Dörfchen Woodstock erinnern die flimmernde Luft und die angeregte Atmosphäre hin- und hereilender Menschen an ein Musikfestival. Das Donnern von Motoren und lautes Kreischen vorbeizischender Rennwagen sind die musikalische Untermalung zum bunten Treiben. Auf dem riesigen Anwesen des Earl of March tummeln sich an diesem Wochenende 152.000 Besucher, die Geschwindigkeitsfaszination zum Anfassen suchen und dazu Organic Fastfood und Eiskrem vertilgen.



Die Innenausstattung ist spärlich bis nicht vorhanden. Eine Blechhülse mit Plastikscheiben, ein paar Kühlwasserschläuche auf dem Unterboden, ein Lenkrad, Schaltknüppel und Fahrersitz. Der Drehzahlmesser im kantigen Armaturenbrett macht den Tachometer überflüssig. Am Audi Quattro S1 Pikes Peak ist kein Gramm zuviel. Mit 1000 Kilo, Vierradantrieb und 598 PS ist er gerade richtig, um nicht abzuheben. Dennoch – für nicht eingeplante Beifahrer erfordert es das Aufgebot aller Kräfte, um sich beim ersten Tippen aufs Gaspedal an den Überrollbügeln festhalten zu können und nicht durch den Heckspoiler auszusteigen. Im Bruchteil einer Sekunde scheint der Quattro die Schwerkraft zu überwinden, sich zwei Zentimeter über den Asphalt zu erheben, und entwickelt eine raketenartige Schubkraft, gegen die ein Flugzeugstart lächerlich ist. Der Wagen schießt die Rennstrecke hinab, direkt auf die Zuschauertribüne zu, rechts und links säumen Strohballen den Straßenrand, fliegen in Zentimeternähe vorbei. Doch es kann nichts passieren, denn am Steuer sitzt Walter Röhrl, der das Auto beherrscht wie Jimi Hendrix ehemals die Gitarre. Der erste deutsche Rallye-Weltmeister, seit über 40 Jahren außerdem erfolgreicher Renn- und Werksfahrer, repräsentiert beim Festival of Speed in Goodwood die Marke Audi anlässlich ihres 100. Geburtstages.


Walter Röhrl erzählt in charmant bayrischem Akzent an den drei Renntagen des Festivals (3. – 5. Juli 2009) über die legendäre Ära des Audi Quattro der 80er Jahre und seine Bestzeiten als Rallyefahrer. Er fährt noch immer gern und schnell, schüttelt freundlich den Fans die Hände. „Erst, wenn einer mit gleichem technischen Gerät besser ist als ich, dann hör’ ich auf“, so Röhrl, 62 Jahre, zweifacher Rallye-Weltmeister und aktueller Porsche-Werksfahrer. „– oder es muss irgendetwas Unerwartetes passieren.“

Doch er ist nicht der einzige Höhepunkt des Festival of Speed. Vor dem Goodwood-House ragen die beiden Enden einer gigantischen, 40 Tonnen schweren stählernen Schleife hoch in den Himmel. Der Stromlinien-Wagen Auto Union Typ C am einen und der R8 V10 am anderen, 35 Meter hohen Zipfel stehen bezeichnend für ein Jahrhundert herausragender und nicht enden wollender Automobilgeschichte und bilden den thematischen Mittelpunkt des Wochenendes. Die am 16. Juli 1909 von August Horch gegründete Marke vereinigte 1932 die Firmen Audi, DKW, Horch und Wanderer unter dem Symbol der vier Ringe zur Auto Union, 1969 kam noch NSU hinzu. Audi wartet mit 15 Rennwagen und einer breiten Palette von DTM-, Le Mans- und Rallye-Fahrzeugen auf. Die Fahrer sind inklusive – Stig Blomquist, Hannu Mikkola, Harald Demuth, Frank Biela, Jackie Ickx, Pink-Floyd-Drummer Nick Mason und Walter Röhrl sind nur fünf davon, letzterer der wohl berühmteste.




Sportlich schält sich Röhrl nach dem ersten Lauf aus dem weißen Audi Quattro S1 „Pikes Peak“ mit der Nummer 1. Eine nicht enden wollende Schlange von Fans wartet am Audi-Standort geduldig auf Autogramme, während rundherum Rennwagen verschoben werden und lautstark warmlaufen. Der rotblonde Hüne schreibt seinen Namen auf Jacken, Mützen, Fotos und Sonnenschutzblenden. Mit dem Audi S1, an dessen Perfektionierung er selbst beteiligt war, gewann er 1987 das Pikes Peak Rennen in den USA in ungeschlagener Rekordzeit. Der Wagen mit dem 5-Zylinder-Leichtmetall-Reihenmotor und Turbolader erklomm damals den Gipfel des 4301 Meter hohen Berges in weniger als 11 Minuten. So zählt der Quattro „Pikes Peak“ zur Klasse 12, den „Legends of American Motorsport“. 24 thematisch unterteilte Klassen starten zweimal täglich zum 1,86 Kilometer langen Bergrennen. „Meine Fahrzeit hier beträgt etwa 1 Minute und 40 Sekunden am Tag“ lacht Röhrl, “das ist eigentlich Entspannung“. Am Audi-Stand rollt im Hintergrund ein Auto Union Typ D unter dem Zeltdach hervor, während der Meister im Zeitraffer erzählt. “Ich stieg in einen Zug, fuhr zu einer Rallye, zu der mich ein Skilehrer-Kollege eingeladen hatte, hockte mich in den Capri und fuhr schneller als der Rest der Welt. Ganz einfach.“ Sagt’s, lässt den Motor an und rollt in den Vorstart zum zweiten Lauf des sonnigen Tages.



Innerhalb von drei Jahren nach seinem erfolgreichen Debüt fuhr Röhrl vier weitere Rallies, dann folgten Einsätze als Profifahrer bei Ford, Opel, Fiat, Mercedes, Audi und Porsche. Sein Kapital ist das Feingefühl fürs Auto. „Es muss sitzen wie eine zweite Haut und funktionieren wie eines meiner Körperteile“, sagt er, mittlerweile am Start angekommen. Röhrl ist Perfektionist. Alle Details eines Fahrzeuges werden solange verbessert, bis die Grenzen der Fahreigenschaften feinstens ausgelotet sind. In Goodwood war er schon öfters. „Gastgeber Lord March fuhr bei der Porsche GT-Präsentation mit mir und bestellte sich gleich einen“, erzählt er weiter. Dazu Lord March: „Er ist der schnellste Mann, mit dem ich je gefahren bin“. Porsche hat Röhrl zur Begleitung der großen Audi-Jubiläums-Veranstaltungen vom Vertrag freigestellt. Scharfes Konkurrenzdenken weicht dem Harmoniebedürfnis der Automobilbranche und trägt damit zum Flair des Festivals bei.



An der Startlinie angekommen gibt Röhrl kurz Gas und schafft die Strecke in 49 Sekunden. „Der Wagen ist schon was Besonderes“, sagt er auf dem Rückweg ins Lager. Die Spezialitäten dieses Quattros sind die Wassersprühkühlung für Bremsen, ein Wasserkühler und ein Ladeluftkühler. Der Abgasturbolader sorgt mit einem Umluftsystem für konstant hohe Drehzahlen. „Der S1 war der Gipfel, der wüsteste Auswuchs schnellsten Quattros“, schwärmt Röhrl. 1987 begann er Rundstrecken zu fahren. Bis 1992 blieb er in der Rennsportabteilung von Audi. „Die 80er Jahre bei Audi waren eine bewegte Zeit für die Marke. Der Allradantrieb war revolutionär und wir vollzogen einen kompletten Imagewandel - vom Hosenträgerauto für Oberlehrer zum alltagstauglichen Sportwagen.“ Die Zeit von 1988 bis 1990 möchte Röhrl nicht missen. Monate verbrachte er mit anderen Fahrern und den Ingenieuren auf der Rennstrecke, um den Audi V8 zu perfektionieren.

Mit der Entourage der Rennsportabteilung, den Fahrern und der Mannschaft von Audi Tradition finden sich abends am Verpflegungs- und Kommunikations-Truck etwa 40 hungrige Mägen zum gemeinsamen Grillen ein. Der hautnahe Kontakt zwischen Rennfahrern, Autos und Publikum und die gemeinsame Leidenschaft schaffen eine freundschaftliche, beinahe familiäre Aura. Walter Röhrl denkt ab und zu ans Aufhören. Aber dann verdrängt er den Gedanken schnell wieder. „Ich kann einfach nicht nein sagen“, sagt der ehemalige Vegetarier und beisst genussvoll in eine Ingolstädter Wurst. „Das, was ich vor Jahren erreicht habe, ist doch vorbei, Erfolge sind sofort Geschichte und jetzt kommt wieder was Neues.“ Bescheiden ist er, sich auf Lorbeeren auszuruhen ist nichts für ihn. Er bleibt sich selbst treu, hat den gleichen Ehrgeiz wie früher und sagt, wenn ihm etwas nicht passt.
Am nächsten Tag nach dem 1. Bergrennen kehrt Röhrl zufrieden zurück. „ Das Auto war stabil, ich konnte bis an die physikalische Grenze gehen.“ In 20 Jahren intensiven Rallye-Sports vermochte er etwa 250 Mal, diese Grenze zu erspüren, am meisten Spaß machte ihm die Rallye Monte Carlo. Dort bewies Röhrl mit vier unterschiedlichen Autos seine Siegessicherheit. „Der Spaß steht genauso im Mittelpunkt wie der ernsthafte Ehrgeiz im Job, das Eine geht für mich nicht ohne das Andere“, ruft er, während im Hintergrund Peter Fonda zu „Born to be Wild“ den Berg hinauf choppert.
Privat fährt Röhrl einen 1992er Porsche 964 RS und pflegt als Liebhaberfahrzeug einen der letzten Audi A2 mit nur 6000 gelaufenen Kilometern. Sein Verhältnis zum Auto ist nicht technisch, sondern emotional, ökonomisch und rational begründet. Noch nie in seinem Leben hat Röhrl getankt, ohne den Verbrauch auszurechnen. Als Fahrradfahrer legte er in Spitzenzeiten bis zu 12.000 Kilometer im Jahr zurück.
Der nächste Höhepunkt im Audi-Jubiläumsjahr ist für Walter Röhrl und seinen ehemaligen Co-Piloten Christian Geistdörfer die Heidelberg Historic Rallye am Wochenende des 11. Juli. Nur an den Ruhm kann er sich noch nicht ganz gewöhnen: „Mir ist das fast schon peinlich“.


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Miniklein, aber groß im Rennen




redigierte Version veröffentlicht am 26. März 2009 in Die Welt

Dass ein kleines Auto praktisch, wendig und sparsam ist, versteht sich von selbst. Doch dass selbst ein alter Mini aus den Sechzigern ein Rennsportler sein kann, soll er zu seinem 50. Geburtstag ein Mal mehr beweisen. In einem beim Mutterkonzern BMW beheimateten Werks-Mini aus dem Jahr 1966 ergibt sich die Zeitreise von selbst - zurück in die legendäre Ära der Rallye-Minis. Und Zeitzeuge Rauno Aaltonen (71), ehemaliger Mini-Pilot und vielfacher Rallyesieger dieses Jahrzehnts, erinnert sich.

Der Motor bollert laut über den gesamten Hof, unterbrochen von lautem Aufbrüllen. Bei mindestens 3000 Umdrehungen muss er 20 Minuten warmlaufen. In der warmen, heimeligen BMW-Oldtimergarage wird es leer. Die Mechaniker kommen aus dem Tor, lauschen fasziniert dem Sound und bestaunen den roten Mini mit dem weißen Dach und den vielen Sponsorenaufklebern im Original-Look. Gleich wird er bei einer Überlandfahrt ins Alpenvorland auf Hochtouren gebracht. „Ein Rallye-Auto muss ganz anders gefahren und behandelt werden als ein normales“, schreit Jarek Mirecki, Betreuer der historischen BMW-Schätze, und gibt weiterhin Gas.



Der Morris Mini Cooper S mit der 1000-Seen-Rallye-Startnummer 45 aus der historischen Sammlung von BMW ist einer von 69 zwischen 1959 und 1970 gebauten Werksmodellen der Abingdoner Rennsportabteilung der British Motor Corporation (BMC, einem Zusammenschluss der Unternehmen Austin und Morris mit den dazugehörenden Marken, ab 1952). Gleich in seinem Baujahr 1966 fährt ebendieser mit Timo Mäkinen am Steuer und Pekka Keskitalo als Co-Pilot den Sieg der 1000-Seen-Rallye in Finnland ein. Mäkinen gehört in den 60er Jahren zu den erfolgreichsten Mini-Piloten. Die Finnen Aaltonen, Mäkinen und der Ire Paddy Hopkirk sind nur schwer zu schlagen - ob bei der Rallye Monte Carlo, der Alpen-, Tulpen- oder einer der anderen europäischen Rallies. Die Mutter aller Rallies genannte „Monte“ gewinnen die Mini-Werks-Teams von 1964 bis 1967 gleich viermal hintereinander. Doch bleiben dem Triumvirat Mäkinen, Hopkirk und Aaltonen im Jahr 1966 durch eine fragwürdige Disqualifikation die Podestplätze verwehrt – die britischen Fahrzeuge hätten zu helle, keine serienmäßigen und damit nicht zulässigen Glühbirnen in den Scheinwerfern, begründen die Funktionäre. Die skandalverdächtige Meldung des aberkannten Sieges steigert die Sympathie für den kleinen Renner erst recht. Bis zum Jahre 2000 werden über 5,3 Millionen des kultigen Zwerges verkauft. Von den Werks-Minis bleiben nicht allzu viele übrig, etwa 12 munkelt man.



Der auf dem Hof stehende, mittlerweile warmgelaufene Mäkinen-Mini sei erst vor einigen Jahren aus Japan zurück nach München gekommen, erzählt Jarek und platziert sich links auf dem roten Ledersitz, um von dort der Fahrerin Anweisungen zu geben. Ein Blick auf die Patina im Innenraum lässt erahnen, welche Atmosphäre wohl damals bei der 1000-Seen-Rallye auf kleinstem Raum geherrscht hat. Ersatzräder auf dem Rücksitz, Feuerlöscher vor dem Beifahrersitz und darüber rattert der Tripmaster die Meilen runter. Co-Pilot Keskitalo mit Hosenträgergurt und Aufschrieb auf dem Schoß, Mäkinen konzentriert am Steuer, dicht über Ihnen der mattschwarze Himmel. Die Stab-Leselampe an der Türverkleidung und die vielen Knöpfe gehören zur authentischen Hightech-Ausrüstung. Die Intercom-Anlage - Verstärker, Kopfhörer und Mikrofone – dient der Verständigung auf den Verbindungsetappen, Helme mit Sprechanlage sind bei Sonderprüfungen zu tragen. Dieses Equipment ist jedoch heute nicht im Einsatz, die Verständigung zwischen den beiden Insassen daher erschwert. Hinter der Armada von Schaltern und Instrumenten auf einem mattschwarzen Armaturenbrett lässt der davor sitzende 1298ccm- und 90-PS-Motor lautstark von sich hören, der Durst der zwei SU-Vergaser macht sich am Geruch bemerkbar.

Der erste Gang ist nicht synchronisiert, also viel Gas und rein damit. Go-Kart-typisch, hautnah am Asphalt, stürmt der Mini quietschend los, reagiert auf jede Handbewegung, die er über sein abgegriffenes, lederbezogenes Lenkrad zu spüren bekommt. Nachdem mit dem Gasgeben ein weiteres Geräusch – ähnlich dem einer Kreissäge – einsetzt, ist das ultimative Rallyeambiente geschaffen: kreischendes Getriebe, brüllender Motor, Schalten bei 5-6000 Umdrehungen und das Lenkrad fest im Griff. Den niedlichen Schaltknüppel des rechtsgelenkten Wagens mit links zu bedienen, ist gewöhnungsbedürftig, daher muckt das Getriebe mehrmals laut und schmerzhaft auf. Doch gegen den normalen, alles übertönenden, Lärm im Innenraum kommt nichts an, auch nicht Erklärungen des Beifahrers Jarek, der eigentlich zu groß für den Mini wirkt. Wie kommen überhaupt erwachsene Männer in einem Auto, bei dem zwischen Stoßstange und Füßen nicht einmal ein Meter liegt, auf die Idee Rallye-Sieger werden zu wollen? Rauno Aaltonen, Sieger der Rallye Monte Carlo 1967, weiß dazu Einiges zu berichten.

Die ursprüngliche Idee des Alec Issigonis, Konstrukteur des zuvor von 1948 bis 1956 gebauten Morris Minor, war eine andere als die, eine Rallyerakete zu konzipieren. Er zeichnet in den Jahren der Suez-Krise ein minimalistisches Auto. Erschwinglich soll es sein, leicht und sparsam, für die breite Masse eben. Platzsparende Besonderheit ist der querliegende Motor und das direkt darunter sitzende Getriebe mit nur einen Ölkreislauf. 1959 wird das erste Modell mit 848 ccm vorgestellt. Issigonis’ Freund, der Rennwagenkonstrukteur John Cooper, interessiert sich von Anfang für die Motorenkonstruktion des Mini und steigt in die Entwicklung ein. Als Formel-Junior-Spezialist hat er den Ehrgeiz, kleine Autos schnell zu machen. Er verändert Hub und Bohrung sowie die Übersetzung und stellt 1961 einen leistungsstärkeren Mini vor: den Mini Cooper mit 997 ccm. Es folgen 1963 der Mini Cooper S mit 1071 ccm, später mit 970 und 1275 ccm. Als Stuart Turner, Motorjournalist und exzellenter Co-Pilot, schließlich ab 1961 das Competition Department des BMC um sein Organisations- und Motivationstalent bereichert, erklimmen die Mini-Werksteams von 1962 bis 1967 nicht weniger als 24 mal die Siegertreppen. „BMC hatte auch als erster Wettbewerber über mehrere Jahre die gleichen, vollprofessionellen Fahrerteams“, erklärt Aaltonen.



Im bayrischen Hügelland setzen stürmische Schnee und Graupelschauer ein und erinnern an Rauna Aaltonens Monte-Geschichten, bei denen in eisigen Wintern einige Minis verheizt wurden. „Größte Vorteile hatten wir mit dem Mini bei schlechten Wetter-, Sicht- oder Straßenverhältnissen“, so Aaltonen. „wir konnten später bremsen, weil das kleine Auto blitzschnell quer anzustellen ist.“ Und schon steht die Probe aufs Exempel unmittelbar bevor. Eine Bremsung in einer sich zuziehenden, unübersichtlichen Kurve bei Tempo 80 veranlasst das Hinterteil auszubüchsen. Auch vorn verlieren die 10-Zoll-Räder für einen Moment die Bodenhaftung. Runter von der Bremse und zügig neu beschleunigt, greifen alle vier wieder zu und ziehen den Mini flugs aus der Kurve heraus. Viel kontrollierter hingegen Aaltonens und Mäkinens Spezialität in solchen Situationen: den Mini mit Linksbremsen und Aufpendeln driftend ums Eck zu bringen. “Ohne Drift kann man nicht schnell fahren“, behauptet Experte Aaltonen. So einfach ist das also. Dementsprechend fegt der Mini langsam weiter durch die nächsten Kurven – nur mit 70, aber gefühlten und gehörten 250 Stundenkilometern. Ohne Drift.

Und so erschließt sich langsam der beherzten Fahrerin der Rallye-Vorteil des Minis: Durch den kurzen Karosserieüberhang vorn lässt er sich schnell und punktgenau in jede Kurve einlenken. Die zusätzlich kurzen Abmessungen von 3060 mm Länge und 1410 mm Breite erlauben ihm schnellere und wendigere Manöver auf schmalen Straßen – ein Kurven-Killer, kein Wunder, dass er von größeren Konkurrenten gefürchtet war. Beim Anfahren mit den hohen Drehzahlen quietschen die Reifen regelmäßig, unter 3000 Umdrehungen befindet sich die Grenze zum Ertrinken. Auf gerader Strecke ist das Drehmoment selbst bei hohen Geschwindigkeiten noch deutlich spürbar. Das Limit von 160 Stundenkilometern sind für geübte Rallyepiloten sicher kein Problem. Dieses seltene Museumsstück hat sich jedoch eine Schonung verdient. „Rallye-Motoren halten nur etwa 20.000 km“, ruft Jarek, wohl eine Andeutung zur Garage zurück zu kehren.

Zu sehen ist der Sieger der 1000-Seen-Rallye 1966 auf der Oldtimer-Messe Techno Classica am BMW-Stand in Essen vom 1. bis zum 5. April 2009.

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Technische Daten:
Motor: 4-Zylinder-Reihenmotor
Hubraum: 1298 ccm
Bohrung x Hub 71 x 81,3 mm
Leistung: ca. 90 PS bei 6500 U/min
Getriebe: Viergang Mittelschaltung
Vorderradbremse: Hydraulische Scheibenbremsen
Hinterradbremse: Hydraulische Trommelbremsen
Leergewicht: 678 kg
Höchstgeschwindigkeit: 160 km/h